26.03.2025 09:12 AM

Hinter dem Hype II: So läuft der Auslandszahlungsverkehr mit Stablecoins

Teaserbild Auslandszahlungsverkehr

Auslandszahlungsverkehr

Überweisungen ins Ausland sind auch im Jahr 2025 immer noch verhältnismäßig teuer und dauern oft Tage. Dabei gibt es längst eine Alternative: Stablecoins entwickeln sich zum ernstzunehmenden neuen System im Auslandszahlungsverkehr. Lukas Kunert erklärt die technologischen Komponenten und schaut sich an, wie traditionelle Banken auf diese Entwicklung reagieren.

Ein Paradigmenwechsel im Auslandszahlungsverkehr?

Mit dem Zahlungsverkehr ins Ausland ist es ein bisschen wie mit der Auslandstelefonie: Es gab eine Zeit, in der internationale Telefonate sehr teuer waren und man sich genau überlegen musste, ob ein Anruf die Kosten wert ist. Dann kam Skype – und plötzlich war es möglich, von überall auf der Welt kostenlos zu telefonieren und das sogar noch mit zusätzlicher Bildübertragung. Diese technologische Innovation hat das bestehende System zwar nicht von heute auf morgen ersetzt, aber langfristig die gesamte Branche verändert.

Heute kann ich in jeder Messenger-App auch einen Audio- oder Videoanruf starten. Skype, das in Kürze nun aber eingestellt wird, war der Wegbereiter hierfür. Ähnlich könnte es mit Stablecoins geschehen. Die Krypto-Tokens, deren Wert stets an einen anderen Wert wie zum Beispiel an eine Währung geknüpft ist, sehe ich als die nächste Entwicklungsstufe im Auslandszahlungsverkehr. (Für ein genaueres Verständnis von Stablecoins gerne „Hinter dem Hype I: Stablecoins einfach erklärt“ lesen.)

Was Stablecoins in der Abwicklung so attraktiv macht

Die Vorteile von Stablecoins für den Auslandszahlungsverkehr liegen auf der Hand: Transaktionen lassen sich in Sekunden abwickeln, die Gebühren sind im Vergleich zu herkömmlichen Banküberweisungen deutlich niedriger. Je nach genutzter Blockchain gehen sie Richtung Null, und die Blockchain-Technologie sorgt dafür, dass Geldflüsse jederzeit nachvollziehbar sind. Egal ob Auslandsüberweisung im SWIFT-System oder mit Diensten wie Wise – die derzeit gängigen Wege des Auslandszahlungsverkehrs sind langsamer und teuer im Vergleich zu dem, was Stablecoins bieten.

Besonders in Regionen mit schwacher Bankeninfrastruktur können sie eine sinnvolle Alternative sein. In vielen dieser Märkte sind klassische Bankdienstleistungen nicht einmal verfügbar oder ein großer Teil der Bevölkerung ist unbanked, hat also keinen Zugang zu einem eigenen Bankkonto.

Vier zentrale Elemente für eine Stablecoin-Überweisung im Auslandszahlungsverkehr

Damit Auslandsüberweisungen mit Stablecoins funktionieren, braucht es im Hintergrund eine Infrastruktur mit diesen Komponenten:

Die vier zentralen Elemente für Stablecoin-Überweisungen im Auslandszahlungsverkehr 1. Blockchain 2. Wallet 3. Stablecoin 4. On - Off Ramp 5. Fiat
  1. Eine Blockchain als technologische Grundlage
    Grundsätzlich ist es möglich, auf jeder Blockchain eine Transaktion zu machen, die von einem Land in ein anderes geht. Es gibt jedoch Blockchains, die sich schon seit ihrer Gründung dem Thema Auslandszahlungsverkehr verschrieben haben, wie Stellar und Ripple. Ihre Struktur ermöglicht schnelle Transaktionen und niedrige Gebühren. Diese beiden werden bereits in verschiedenen Finanzprojekten eingesetzt; Ripple hat sich dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Banken und Finanzinstituten spezialisiert. Daneben gibt es große Chains wie Solana, deren Infrastruktur durch ihre weite Verbreitung und hohe Liquidität on Chain –  also auf eine Blockchain – auch für Corporates mit großem Transaktionsvolumen schnelle Auslandszahlungen ermöglicht.
  2. Stablecoins als verlässlicher Wertträger
    Wenn wir über Auslandszahlungsverkehr mit Stablecoins sprechen, geht es natürlich vornehmlich um die an einheitliche Fiat gebundenen Stablecoins. (Im ersten Beitrag haben wir auch weitere Formen vorgestellt.) Die etabliertesten Herausgeber von Stablecoins sind Tether und Circle. Circle ist der Emittent hinter dem Stablecoin USDC, einem der größten regulierten Stablecoins. Auch gibt er den Euro-Stablecoin EURC heraus und ist sowohl in den USA als auch in Europa aktiv. Ein europäisches Beispiel ist Monerium, ein sehr techlastiger Akteur aus Island. Beide Herausgeber sind als Electronic Money Institutions (EMI) lizenziert und erfüllen damit auch die Anforderungen der MiCAR-Verordnung der Europäischen Union.
  3. Wallets als Zugang zu Stablecoins
    Um Stablecoins halten und versenden zu können, braucht man ein Wallet. Hier gibt es eine riesige Auswahl an Anbietern, wobei es zwei unterschiedliche Arten von Wallets gibt: Custodial- und Non-Custodial-Wallets. Custodial-Wallets werden von Dritten gemanagt, wie zum Beispiel einer Bank, Börse oder einem Wallet-Anbieter. Das bedeutet, sie verwahren die privaten Schlüssel im Namen des Benutzers.Im Gegensatz dazu sind Non-Custodial-Wallets unter der vollständigen und alleinigen Kontrolle des Benutzers. Das bedeutet, er hat als einziger die privaten Schlüssel und ist alleine für die Sicherheit der Gelder verantwortlich.Es gibt viele generische Wallets, die mit mehreren Blockchains und Stablecoins kompatibel sind und somit flexibel genutzt werden können. Je nutzerfreundlicher die Wallet, desto leichter ist auch der Zugang zu Auslandsüberweisungen mit Stablecoins.
  4. On- und Off-Ramp: Die Brücke zwischen Stablecoins und Fiat-Währungen
    Ein Wallet allein reicht nicht aus – entscheidend ist, wie einfach man Stablecoins in Fiat-Währungen umwandeln kann und umgekehrt. Genau hier kommen On- und Off-Ramps ins Spiel: Erstere ermöglichen es, Fiat-Geld in Stablecoins zu tauschen, Off-Ramps den umgekehrten Weg.
    Hier gibt es auch für die verschiedenen Stablecoin viele unterschiedliche Anbieter und Wege, auch kann man über die meisten Börsen Stablecoin erwerben.Ein besonders interessantes Beispiel hierfür ist Monerium, das regulierter Stablecoin-Emittent, Wallet, On- und Off-Ramp in einem ist. Das Besondere: Jede Monerium-Wallet ist automatisch mit einer IBAN verknüpft. Sobald also ein:e Nutzer:in Euro an seine „Monerium-IBAN“ überweist, werden diese direkt in Stablecoins konvertiert. Umgekehrt lassen sich auch Stablecoins in Fiat-Geld auszahlen. Sobald ich EURe, die von Monerium herausgegebenen Euro-Stablecoins, im Wallet habe, kann ich diese einfach an meine Freunde nach Brasilien schicken, die dort zum Beispiel ein picnic-Wallet haben.

Wer heute schon den Zahlungsverkehr mit Stablecoins anbietet

Doch das sind ehrlicherweise noch ganz schön viele Schritte und es wird einiges an Knowhow benötigt, um auf diesem Weg eine Auslandsüberweisung zu tätigen. Skype hat deswegen die Auslandstelefonie revolutionieren können, weil man eben nicht Expert:in sein musste, um einen Anruf zu tätigen.

Es gibt jedoch auch schon heute Angebote, die Stablecoin-Überweisungen ins Ausland nahezu nahtlos und einfach machen, wie den Video Call in der Messenger App. Espresso Cash zum Beispiel ist eine nutzerfreundliche und leicht zu verstehende, Stablecoin-basierte Zahlungsplattform für afrikanische Märkte. Sender:innen können in der App Zahlungen mit dem an den US-Dollar gekoppelten USDC tätigen, und Empfänger:innen können das Geld dann so lange in der App belassen, bis sie es wirklich brauchen. Damit hat Espresso Cash indirekt sogar noch einen eingebauten Inflationsschutz für Fremdwährungen.

Noch nahtloser passiert die Zahlung mit Félix Pago, einem Start-up für Zahlungen zwischen den Vereinigten Staaten und Lateinamerika. Lateinamerikanische Einwanderer können damit per Whatsapp-Bot Geld in ihre Heimat schicken. Dahinter steckt genau die oben gezeigte Struktur der Abwicklung von dem Zahlungsauftrag: Es werden im Hintergrund Wallets (auf der lateinamerikanischen Kryptowährungsplattform Bitso) eröffnet und dann Geld in Stablecoin gesendet – und das alles, ohne dass man als Nutzer:in selbst ein Bankkonto eröffnen muss oder irgendwelche Details mitbekommt.

Anbieterübersicht Auslandszahlungsverkehr

Regulatorische Fragezeichen bei den Zahlungen

Diese Beispiele zeigen, dass die technologischen Fortschritte in diesem Bereich bereits enorm sind. Doch bei aller Technologiebegeisterung muss man auch feststellen, dass – gerade aus Sicht des Finanzsektors gesprochen – bei einigen Entwicklungen noch ungewiss ist, was sie regulatorisch genau bedeuten werden.

Immerhin bringt die neue MiCAR-Regulierung endlich Klarheit, wie schon im ersten Teil dieses Beitrags erläutert. MiCAR gibt seit Anfang 2025 klare Vorgaben und Meldungen für Stablecoins; unter anderem wird die Kryptowährung bewusst von ihren spekulativen Cousins wie Bitcoin oder Ethereum abgegrenzt. Damit ist auch klar, dass sie vor allem für Zahlungsanwendungen genutzt werden können. Und mit MiCAR wird es erstmals für Corporates wirklich möglich, sich in diesem Bereich zu engagieren, ohne in rechtliche Grauzonen einzutreten.

Banken müssen sich auf den Wandel bei grenzüberschreitenden Zahlungen einstellen

Entsprechend gibt es auch einige Banken, die sich dem Thema bereits annähern. Zum Beispiel schaut sich die inländische Commerzbank, deren Tochter wir als neosfer sind, den Bereich Custody – also Verwahrstellen für Kryptowerte – an. Die Neobank Revolut hat ihren eigenen Stablecoin angekündigt, und die Nubank bedient den kryptoaffinen brasilianischen Markt mit einer Wallet- und Börsen-Lösung.

Viele im Bankensektor unterschätzen die Bedeutung von Stablecoins derzeit noch massiv und scheinen zu glauben, dass es sich um irgendeinen Krypto-Hype handelt. Dabei entwickeln Stablecoins sich gerade zu einer echten Infrastruktur im Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr, die sich in den nächsten Jahren massiv weiterentwickeln wird und den Auslandszahlungsverkehr grundlegend wandeln wird. Stablecoins und Blockchain-basierte Zahlungssysteme sind keine hypothetische Zukunftsvision. Und wer vom Fach ist, sollte deshalb nicht mehr fragen, ob das tatsächlich kommen wird, sondern nur noch: wie schnell. Und dann die Weichen stellen, um den Anschluss nicht zu verlieren.

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