27.08.2025 09:40 AM

Vibe Coding im Banking: Lieber nur im Prototyping?

Vibe Coding beschleunigt mit KI die Softwareentwicklung enorm – ein Vorteil, der gerade für innovative Banken verlockend klingt. Doch der schnelle Weg zum Prototyp hat Schattenseiten: inkonsistente Code-Architektur, fehlende Sicherheitsstandards und ein Code, der kaum im Team funktioniert. Für die produktive Anwendung im sensiblen Banking-Umfeld ist Vibe Coding daher wenig geeignet. Richtig in der Innovationsarbeit bei Banken eingesetzt, können die KI-Tools aber ein wertvolles Werkzeug für schnelles Prototyping, Ideenvalidierung und kreative Lösungsfindung sein.Teaserbild für den Blogbeitrag Vibe Coding

Was ist Vibe Coding und warum reden alle darüber?

Vibe Coding steht für die KI-gestützte Erstellung von Code aus natürlicher Sprache – egal ob geschrieben oder gesprochen. Statt jede Zeile manuell zu programmieren, schreiben oder sprechen Anwenderinnen und Anwender ihre Anforderungen und die KI erzeugt daraus lauffähigen Code. In der Praxis ist der ge-vibe-te Code zwar noch nicht perfekt, aber er eröffnet neue Möglichkeiten – vor allem für Personen ohne umfassende Programmierkenntnisse. Im Unterschied zum klassischen Programmieren, bei dem Entwicklerinnen und Entwickler den Code vollständig selbst schreiben, oder zu Low-Code- und No-Code-Plattformen, die mit vordefinierten Bausteinen arbeiten, liefert Vibe Coding echten Quellcode. Damit bewegt es sich zwischen Handarbeit und Baukastenprinzip – schnell, flexibel und mit echtem Output. Besonders spannend für Banken: Ideen lassen sich direkt in klickbare Prototypen übersetzen.

Vibe-Coding: Geschwindigkeit als Vorteil im Prototyping

Das größte Plus ist das Tempo. Mit sprachbasierter Code-Generierung lassen sich Iterationen in Stunden statt in Wochen erstellen. Fachabteilungen können Ideen über ein passendes Tool sofort ausprobieren – auch ohne tiefes Technik-Know-how. So entstehen Prototypen, die für Nutzerfeedback, interne Diskussionen oder als Proof-of-Concept genutzt werden können. Gerade in frühen Innovationsphasen ist das ein echter Vorteil.

Visual zeigt die Geschwindigkeit von Vibe Coding

Die Schattenseite: Inkonsistente Architektur im Code 

Doch Geschwindigkeit hat ihren Preis. Vibe-generierter Code folgt selten einer sauberen, skalierbaren Architektur. Standards fehlen in der Generierung oft. Statt klarer Strukturen entstehen komplexe Abhängigkeiten, die für Entwicklerinnen und Entwickler schwer nachvollziehbar sind. Außerdem ist der Code nicht von Menschenhand geschrieben und muss erst durchdrungen werden, bevor Änderungen möglich sind – und genau diese Änderungen sind in Live-Umgebungen entscheidend.

Live-Umgebungen sind produktive Systeme, in denen echte Kundendaten und -gelder verarbeitet werden und die jederzeit stabil, sicher und fehlerfrei laufen müssen. Genau hier zeigt sich die Schwäche von Vibe-Coding-Code: In der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine ist er kaum teamfähig. Kurz gesagt: Als Prototyp funktioniert er, für den dauerhaften Einsatz ist er jedoch ungeeignet.

Sicherheits- und Compliance-Risiken im Banking

Im Banking sind diese Schwächen besonders kritisch. Hier geht es nicht nur um sensible Daten, sondern auch um echtes Geld. Banken wollen Risiken so klein wie möglich halten – verstärkt durch strenge regulatorische Vorgaben, die detailliert festlegen, wie Sicherheit und Compliance umzusetzen sind.

Für Entwicklerinnen und Entwickler ist der KI-Code oft eine Blackbox, und die Masse an Zeilen macht ihn nicht verständlicher. Ohne gründliche Checks wäre ein Einsatz in Produktion fahrlässig und die Codequalität nicht überprüfbar. Das Problem: Die Prüfverfahren für von KI generierten Code sind ebenfalls noch nicht ausgereift. Sind sie zu oberflächlich, bleiben Schwachstellen unentdeckt. Sind sie zu streng, frisst der Mehraufwand den Geschwindigkeitsvorteil von Vibe Coding wieder auf.

Warum Vibe Coding mit KI im Banking nicht in die Produktion gehört

Für Live-Systeme brauchen Banken geprüfte, wartbare und sichere Software. Wartbar heißt: so entwickelt, dass man sie langfristig versteht, anpasst und erweitert – mit klarer Struktur, Dokumentation und Standards. Aber das liefert Vibe Coding in der Regel nicht. Der Geschwindigkeitsvorteil dreht sich daher schnell ins Gegenteil: Nacharbeiten kosten Zeit und Nerven. In kritischen Bereichen wie Zahlungsverkehr, Compliance oder Risikomanagement ist Vibe Coding deshalb tabu. Hier zählen Stabilität und Sicherheit – ohne Kompromisse.

Sinnvolle Einsatzfelder für die Programmierung mit AI Tools

Das bedeutet jedoch nicht, dass Vibe Coding im Banking keine Rolle spielt. Im Gegenteil: Richtig eingesetzt kann es in der Innovationsarbeit einen wichtigen Mehrwert leisten. Geeignete Einsatzfelder sind:

  • Prototyping neuer Ideen: schneller Proof-of-Concept
  • Ideenvalidierung im Banking-Kontext: Konzepte rasch testen, bevor sie weiterentwickelt werden
  • Kreative Lösungsfindung: alternative Ansätze ausprobieren

Auch außerhalb der Innovationsarbeit ist Vibe Coding hilfreich. Zum Beispiel, um den Umgang mit der Technologie zu üben und die Zusammenarbeit zwischen Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Fachabteilungen ohne technischen Hintergrund zu verbessern. Außerdem eignet es sich gut, um neue Programmiersprachen zu lernen und praxisnah zu trainieren. Automatisch erzeugte Beispiele liefern dafür ein direktes, praxisorientiertes Verständnis.

Grafik zeigt geeignete Einsatzbereiche für Vibe Coding

Fokus Softwareentwicklung: Best Practices für Banken

Damit Vibe Coding kein Risiko, sondern ein Vorteil bleibt, sollten Banken klare Leitlinien aufstellen. Dazu gehört vor allem die strikte Trennung von Prototyp- und Produktionscode. Ebenso wichtig sind definierte Prozesse, wenn Prototypen in produktiven Code überführt werden.

Prototypen, die vielversprechend sind und live gehen sollen, brauchen eine solide Vorbereitung. Dazu gehören:

  • Mindestdokumentation: Auch bei KI-Code muss es eine nachvollziehbare Doku geben, um Teamarbeit zu ermöglichen.
  • Automatisierte Tests: Unit-, Integrations- und Security-Tests sollten früh etabliert werden, um spätere Migrationen zu erleichtern.
  • Governance und Compliance: Neben Security-Checks müssen Datenschutz- und regulatorische Vorgaben immer berücksichtigt werden.
  • Software-Architektur: Interne Vorgaben wie Frameworks und Sprachen greifen zwar erst in der Produktion, sollten aber schon im Prototyping bedacht werden.

Nur so lassen sich die Vorteile von Vibe Coding nutzen, ohne die Stabilität und Sicherheit im Live-Betrieb zu gefährden.

Fazit zum Programmieren mit Vibe Coding

Vibe Coding ist ein nützlicher Beschleuniger für Innovationen im Banking – solange man die Grenzen kennt. Es eignet sich besonders für schnelles Prototyping, Ideenvalidierung und die Zusammenarbeit zwischen Entwicklerinnen und Entwicklern mit Fachabteilungen. Auch als Lernumgebung für neue Programmiersprachen hat es Potenzial. Für Live-Systeme gilt aber: Finger weg. Dort braucht es wartbaren, skalierbaren und dokumentierten Code, den nur klassische Entwicklungsprozesse liefern. Deshalb: Vibe Coding bewusst als Experimentier- und Lernwerkzeug nutzen, während für produktive Softwareentwicklung klassische Prozesse unverzichtbar bleiben.

Du willst mehr zum Thema Vibe Coding und KI erfahren?

KI-Agenten im Bankwesen: Was schon möglich ist – und was noch kommt
Teaser zum Podcast mit Robert Tschöke
AI Act, Bildung, Wettbewerb - Wo stehen wir bei Künstlicher Intelligenz? Sasha Lobo