29.05.2024 06:00 AM

Von Las Vegas nach Bangkok: Digital Banking Insights von Google Cloud Next und Money20/20 Asia

Als Geschäftsführer von neosfer, der Innovationseinheit und Frühphaseninvestor der Commerzbank, haben wir, Matthias Lais und Kai Werner, in den letzten Wochen zwei spannende Reisen unternommen. Wir besuchten die beiden wichtigen Branchenevents „Google Cloud Next 24“ in Las Vegas und „Money20/20 Asia“ in Bangkok. Nicht, weil uns zuhause in Frankfurt langweilig war oder wir mal wieder viel Zeit gemeinsam in einem engen Flieger verbringen wollten, sondern um für neosfer über den Tellerrand zu schauen und Eindrücke, Trends und Digital Banking Insights zu sammeln, die man auf europäischen Konferenzen nicht finden kann und sich auch nicht einfach per Suchmaschine aufspüren lassen.

Und die Reisen haben sich gelohnt, denn von den gefühlten 100.000+ Eindrücken konnten wir tatsächlich enorm viel für unsere tägliche Arbeit mitnehmen. Unsere Top 10 Digital Banking Insights haben wir für diesen Blogbeitrag zusammengestellt.

KI überlagert alles, das wurde uns schon am ersten Tag der ersten Konferenz klar. Damit Künstliche Intelligenz aber nicht unsere Top 10 Digital Banking Insights dominiert, haben wir unsere Liste in fünf KI-Themen und fünf Nicht-KI-Themen aufgeteilt. So stellen wir sicher, dass andere wichtige Themen ebenfalls berücksichtigt werden, selbst wenn sie derzeit nicht so gehypt werden. Denn wir glauben: Es gibt noch eine Welt jenseits von KI.

Digital Banking Insight #1 - Nach Internet und Mobile, KI ist die dritte Revolution

Die KI entwickelt sich rasant, und der Finanzsektor wird einen ähnlichen Wandel erleben wie einst das Internet. Man spricht bereits von der dritten Revolution, nach der ersten durch das Internet und der zweiten durch das mobile Zeitalter. KI schreitet nicht nur technologisch rasant voran, genauso wird die Durchdringung immer schneller. KI wird bereits heute in vielen Bereichen der Finanzindustrie eingesetzt und wird in Zukunft ganze Wertschöpfungsketten auf den Kopf stellen. 

Digital Banking Insight #2 - KI wird für Chatbots, Informationszusammenfassung, - verarbeitung, Marketing und Coding eingesetzt

Status quo sind vier Hauptanwendungsbereiche für KI: Erstens sind Chatbots weiterhin ein zentrales Thema, insbesondere im Bereich Kundenservice. Zweitens, die Verdichtung umfangreicher Informationen durch LLMs und damit eine noch bessere Kundenberatung. Drittens, der Einsatz von KI für Marketingzwecke, Video- und Texterstellung sowie E-Mail-Kommunikation. Viertens die KI-basierte Unterstützung der Softwareentwicklung. Und fünftens die KI-gestützte Entwicklung von Software. 

Digital Banking Insight #3 - Technische Schulden abbauen, um KI in einer Bank einzusetzen

Um KI in etablierten Banken einsetzen zu können, müssen diese zunächst ihre Hausaufgaben machen und ihre technischen Schulden, auch Technical Debt genannt, abbauen. Diese sind in vielen Organisationen über Jahre und Jahrzehnte gewachsen. IT-Systeme sind heute längst nicht mehr nur ein Kostenfaktor, sondern schon länger das Herzstück der Leistungserbringung. Die Fähigkeit einer Organisation, bereits heute KI einzusetzen, sagt viel über den Zustand ihrer IT-Systeme aus.

Digital Banking Insight #4 - KI bedeutet Veränderung und es gilt sämtliches Personal mitzunehmen

Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden aufgabenbezogen mitgenommen werden. Und dass die Bank dafür Freiräume und Ressourcen zur Verfügung stellt. KI kann zwar für fast alles eingesetzt werden, aber am Anfang nicht alles auf einmal. Deshalb ist es wichtig, mit einem klaren Fokus zu starten und KI nicht sofort in allen Bereichen einzusetzen. Um alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen, ist es wichtig, KI-Anwendungen in den Arbeitsalltag zu integrieren, zum Beispiel über Plattformen wie Google Workspace oder Microsoft Suite. So werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Anwendungen vertraut und es entstehen Ideen für die Weiterentwicklung und den Einsatz von KI. Die Kompetenz und Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist daher entscheidend für eine breitere Nutzung von KI. Selbst im Bereich der Geschäftsleitung ist es wichtig, Zeit und Ressourcen für die Weiterbildung bereitzustellen.

AI chinesisch Liebe

Digital Banking Insight #5 - KI braucht Standards & AI = 爱 = <3

Natürlich kann gerade in Banken nicht jeder frei KI einsetzen. Dafür braucht es Standards, die nur schrittweise eingeführt werden können. Einige Banken setzen auf Digital Banking Insight-Down-Ansätze, um herauszufinden, welche Bereiche disruptiert werden sollen, und entwickeln dann Konzepte und Standards. Das kann einige Zeit in Anspruch nehmen, ist aber letztlich erfolgversprechend. Regulierungsbehörden sollten Unternehmen und Investitionen unterstützen, Innovationen fördern und gleichzeitig Sicherheit und Zugänglichkeit gewährleisten. Auch wenn diese Forderungen für Asien formuliert wurden, gelten sie im Grunde gleichermaßen für Deutschland. Auch Ethik und Compliance seien für den Einsatz von KI entscheidend und müssten weiterentwickelt werden. Ein interessanter Punkt war, dass KI laut einem Redner aus China auch „Liebe“ bedeutet, was eine amüsante Anmerkung zur Diskussion über Ethik und KI darstellt. 

Und nun kommen wir zu den Digital Banking Insights jenseits von KI. 

Digital Banking Insight #6 - Europa bei digitalen Identitäten führend

Eine spannende Erkenntnis für uns: Europa ist den USA bei der Regulierung digitaler Identitäten weit voraus. Die USA blicken mit Respekt auf Europa, insbesondere auf Deutschland, das klare Rahmenbedingungen dafür geschaffen hat. Diese klaren Richtlinien ermöglichen es allen Marktteilnehmern zu verstehen, worum es geht und sich entsprechend zu verhalten. In den USA hingegen herrscht noch große Unsicherheit und man beobachtet genau, was in Europa passiert, in der Hoffnung, es vielleicht irgendwann zu adaptieren. Dieser Prozess wird aber sicherlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen.  

Digital Banking Insight #7 - Banking in der Google Cloud - anspruchsvoll, aber geht

Wir haben Banken auf beiden Kontinenten getroffen, die Google Cloud bereits nutzen. Dabei haben wir festgestellt, dass sie sich alle der regulatorischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen bewusst sind, die diese Technologie mit sich bringt. Dennoch betonen sie einhellig die Möglichkeit, diesen Herausforderungen durch die Implementierung hoher Sicherheitsstandards zu begegnen. Es wird deutlich, dass die Banken nicht nur die Chancen, sondern auch die Risiken der Cloud-Nutzung sorgfältig abwägen. Dazu passt der oft zitierte Satz:  „Doch, die BaFin erlaubt das!“. Die deutsche Finanzmarktaufsicht hatte Anfang des Jahres die Regelungen zum Banking in der Cloud aktualisiert. 

Digital Banking Insight #8 - Klare Regulatorik und einheitliche Währung sorgen für Bewunderung

Wir haben gelernt, dass viele Finanzmarktakteure in Asien mit Interesse und manchmal auch neidisch auf Europa blicken, insbesondere wegen der einheitlichen EU-Regulierung und der zentralen Aufsichtsbehörden für ganz Europa und die EU-Mitgliedstaaten. Im Gegensatz dazu gibt es in Asien keine vergleichbare einheitliche Regulierung, so dass Startups jedes Mal, wenn sie als Fintech-Unternehmen in andere Märkte expandieren, eine neue Regulierung einhalten müssen. Darüber hinaus ist der Euro als gemeinsame Währung in Europa von entscheidender Bedeutung. Die Hürden für eine Expansion innerhalb des asiatischen Raums sind daher deutlich höher. 

Digital Banking Insight #9 - Fintechs gehen zu Bank mit der schnellsten Integration

Die Zusammenarbeit zwischen Fintechs und Banken ist längst zur Norm geworden. Im Wettbewerb unter den Banken gibt es daher auch einen Kampf um diejenigen Fintechs, die den Bankkunden einen Mehrwert bieten und damit die Position der Bank stärken können. Besonders während der Konferenz in Bangkok wurde uns erneut bewusst, dass erfolgreiche Fintechs ihre Bankpartner in gewisser Weise auswählen können. Dabei achten sie nicht nur auf das Branding, das Image oder das Marketing, sondern vor allem auf die Geschwindigkeit der technischen Integration. Schließlich ist Geschwindigkeit für Startups von entscheidender Bedeutung.

Digital Banking Insight #10 - Kein Kampf gegen Windmühlen, Regulatorik einfach annehmen

Wie bereits erwähnt, kann klare Regulierung einen Standortvorteil darstellen und sogar Bewunderung hervorrufen. In unserer Demokratie entsteht Regulierung durch einen geregelten Interessenausgleich. Das Kritisieren von übermäßiger Regulierung gehört daher fast schon zum guten Ton bei öffentlichen Äußerungen von deutschen Bankvorständen. Ganz anders ist die Mentalität, die wir in den USA erlebt haben. Dort lautet das Motto: „Nicht gegen Regulierung kämpfen!  Akzeptieren und einfach umsetzen.“ Man setzt um, was möglich ist, und was nicht möglich ist, wird eben nicht umgesetzt. Diese Herangehensweise empfanden wir als äußerst erfrischend.

Balance zwischen Innovation und Anpassung: Erkenntnisse aus Las Vegas und Bangkok

Unsere Reise von den schillernden Lichtern Las Vegas‘ in die pulsierende Metropole Bangkok hat uns eine Fülle von Erkenntnissen und Inspirationen weit über die Konferenzräume hinaus gebracht. 

In einer Zeit, in der KI als die nächste große Revolution gefeiert wird, haben wir gesehen, dass Fortschritt nicht ohne Herausforderungen und kritisches Hinterfragen auskommt. Technologische Innovationen müssen nicht nur implementiert, sondern auch in bestehende Strukturen integriert und von allen Beteiligten getragen werden. Klare Standards, umfassende Schulungen und kontinuierliche Anpassungen sind notwendig, um die Chancen von KI schnell und umfassend zu nutzen.

Doch abseits des KI-Hypes gibt es ebenso wichtige Entwicklungen und Trends, die die Finanzwelt prägen. Sei es die Vorreiterrolle Europas bei der Regulierung digitaler Identitäten, die Herausforderungen und Chancen der Cloud-Nutzung im Banking oder die bewunderte Einheitlichkeit der EU-Regulierung – diese Themen zeigen, dass Innovation viele Facetten hat und auf verschiedenen Ebenen stattfindet.

Die Zusammenarbeit zwischen Fintechs und Banken, die Akzeptanz einer klaren Regulierung und die Notwendigkeit, technische Schulden abzubauen, sind nur einige der Bereiche, die in den kommenden Jahren entscheidend sein werden.

Letztlich geht es darum, die richtige Balance zu finden – zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Anpassungsfähigkeit, zwischen globalen Trends und lokalen Gegebenheiten, zwischen Innovation und Regulierung. Wir sind gespannt, was die Zukunft bringt und wie sich diese Trends weiterentwickeln. Eines ist sicher: Die Reise geht weiter, und wir sind bereit, die nächsten Herausforderungen und Chancen mit Neugier und Entschlossenheit anzugehen.