Die CES in Las Vegas ist jedes Jahr das Herz technologischer Innovationen. Als eine der weltweit größten Veranstaltungen für neue Hard- und Software-Lösungen zieht sie Unternehmen, Visionäre und Technikliebhaber aus aller Welt an, die bahnbrechende Trends und Entwicklungen mit Begeisterung verfolgen. Matthias Lais, Geschäftsführer von neosfer, nutzte die Gelegenheit, die CES im Januar zu besuchen, und berichtet hier von seinen Eindrücken und den wichtigsten Erkenntnissen für die Finanzbranche.
CES 2025: Die wichtigsten Trends der Tech-Leitmesse für die Finanzbranche
Der erste Eindruck: KI ist überall!
Das neue Jahr begann für mich mit einem inspirierenden Besuch auf der CES. In Las Vegas fand Anfang Januar eine der weltweit bedeutendsten Messen für Hard- und Softwareinnovationen statt. Die Veranstaltung war enorm und bot unzählige spannende Entdeckungen – sowohl auf der Messe als auch im Konferenzprogramm. Und ich war mit einer Frage unterwegs: Welche neuesten Trends und Innovationen gibt es und was für eine Bedeutung können sie für die Entwicklungen in der Finanzbranche haben?
Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich exemplarisch drei Gadgets vorstellen, bei denen ich erste Inspiration und Ideen bekommen habe, wie Technologien unseren Alltag verändern und damit am Ende auch Einfluss auf die Finanzbranche haben werden.
- Kühlschrank mit KI. Modell BCD-780W vom Hersteller Hisense. Verwaltet Lebensmittel und erinnert an das Ablaufdatum.
- Face Authentication Display vom Automobilzulieferer Continental. Identifiziert Nutzer durch eine Kamera hinter dem Display. Erkennt Betrugsversuche.
- Unified Cabin 2025, vom Hersteller Garmin. Bietet Infotainment-Funktionen auf sechs Bildschirmen, darunter eine ultrabreite Frontanzeige für 3D-Overlays, anpassbares Licht, KI-gestützte Sprachassistenten und verschiedene Sicherheitsfunktionen.
Viele Haushaltsgeräte, die ich in den letzten Jahren gekauft habe, sind mittlerweile WLAN-fähig. Zukünftig – und das wurde auf der CES sehr deutlich – werden viele Geräte auch mit KI ausgestattet sein. Beim WLAN im Kühlschrank oder in der Waschmaschine war ich vor ein paar Jahren noch skeptisch, heute weiß ich die smarte Steuerung durchaus zu schätzen. Ob es mir bei KI-gestützten Geräten genauso gehen wird? Vermutlich ja, wenn sie meinen Alltag erleichtern und mir einen echten Mehrwert bieten – zum Beispiel, indem sie mich daran erinnern, den Joghurt rechtzeitig aufzubrauchen oder automatisch neuen bestellen. Ich werde es ausprobieren. Und wenn mich das überzeugt, werde ich Kühlschränke zukünftig kaufen, weil sie Lebensmittel nachbestellen können – nicht, weil KI drinsteckt.
Übertragen auf unsere Finanzbranche: Benötigen wir neue Technologien wie KI jetzt überall und müssen diese auch sichtbar machen? Ich denke nicht. Erstens sollte KI nur dann im Maschinenraum der Finanzinstitute eingesetzt werden, wenn sie echte Verbesserungen bringt. Zweitens ist es den Kundinnen und Kunden völlig egal, ob ihr Anliegen mithilfe von KI oder auf andere Weise gelöst wird. Wichtig ist allein, dass die Lösung effizient und hilfreich ist. Daher sollten praktische und effiziente Lösungen immer Vorrang vor hype-getriebenen Innovationen haben.
Auf dieser Grundlage habe ich die folgenden vier zentralen Trends zur KI mitgebracht.
Vier Trends zu KI in der Finanzbranche
1) KI im Jahr 2025: Mainstream-Anwendungen stehen bevor
Kai und ich haben es bereits in unserem Beitrag Banking Trends 2025: Sechs strategische Themen im Fokus beschrieben: In den nächsten Jahren wird KI flächendeckend Einzug halten und Kundinnen und Kunden im Finanzsektor direkt erreichen. Bereiche wie Kundenkommunikation, Risikomanagement und die Optimierung von Prozessen werden erheblich von dieser Transformation profitieren.
2) Future of Work: Neue Jobs, neue Herausforderungen
KI wird die Arbeitswelt zweifellos verändern – auch in der Finanzindustrie. Einige Berufe werden verschwinden, viele neue entstehen. Unternehmen aller Branchen stehen vor der Aufgabe, ihre Belegschaft durch gezielte Weiterbildung und emotionales Empowerment auf diesen Wandel vorzubereiten und mitzunehmen.
3) Agentic Web: Ein neues Ökosystem entsteht
KI-gestützte Agenten, die eigenständig Aufgaben erledigen, verändern die digitale Landschaft grundlegend. Besonders im Zusammenspiel mit Open Banking birgt das Ökosystem enormes Disruptionspotenzial für die Finanzbranche.
4) Hyperindividualisierung: Die Zukunft der KI
Künftig noch präziser auf individuelle Kundenbedürfnisse einzugehen, wird nur mit KI möglich sein. Dies wird die Standards in der Finanzbranche nachhaltig anheben – und zwar auf ein völlig neues Niveau.
In-Car-Payment: Das Auto wird zur Zahlungsplattform
Auf der CES war ich einer von mehr als 140.000 Menschen, die die neuesten Innovationen der Elektronik bestaunten und bewunderten. Dabei gab es auch zahlreiche Gadgets mit vier Rädern zu sehen: Viele Autohersteller präsentieren ihre neuen Modelle mittlerweile ebenfalls auf der Messe. Kein Wunder, denn die aktuellen Modelle sind durchweg Elektroautos.
Autos, die inzwischen sowohl aus Hard- als auch Software bestehen, verdienen einen genaueren Blick. Denn sie bündeln verschiedene Innovationen.
Aus Sicht der Finanzbranche spannend: Fahrzeuge entwickeln sich zunehmend zu Plattformen für Transaktionen. Die Integration von Zahlungsdiensten in Fahrzeuge ermöglicht sogenanntes In-Car-Payment – von Mautgebühren über das Bezahlen von Parktickets bis hin zu Shopping-Optionen. Schon bald wird jedes Auto eine eigene Wallet bekommen. Noch ist allerdings unklar, ob Nutzerinnen und Nutzer künftig lieber den Bordcomputer oder ihr Smartphone (gekoppelt mit dem Fahrzeug) bevorzugen werden.
Wenn es nach den Autoherstellern geht, sollen sich zusätzliche Features für das Auto künftig so einfach wie möglich hinzubuchen und direkt bezahlen lassen. Anwendungen wie das Bezahlen fürs Laden, Parktickets oder Maut- und Fährgebühren sind deutlich naheliegender.
Doch das Potenzial geht noch weiter: Wenn Autos nicht nur zu Hause geladen, sondern auch entladen werden, um als Batteriespeicher für ein smartes Energiemanagement zu dienen, entstehen völlig neue Payment-Bedarfe.
Das macht das Auto zu einem frühen Sammelpunkt von Embedded Finance.
Spatial Computing: Eine neue Dimension der digitalen Kundeninteraktion
Auch wenn der Hype um das Metaverse zunächst abgeklungen ist, sind virtuelle Welten keineswegs passé. Tatsächlich stand auf der CES immer wieder Spatial Computing im Fokus. Dabei handelt es sich um Technologien, die digitale und physische Welten verschmelzen, indem sie die Position von Objekten und Nutzern im Raum erfassen und darauf basierend interaktive digitale Inhalte generieren. Zum Einsatz kommen dabei Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR), Mixed Reality (MR), künstliche Intelligenz (KI), Sensoren, 3D-Mapping und Edge-Computing. Diese Technologien ermöglichen eine nahtlose Interaktion zwischen physischen und digitalen Umgebungen.
- Eingabegerät, Modell Float vom Hersteller Naya. Um 3D-Objekte präzise zu steuern.
In Bezug auf die Finanzbranche sollten wir weiterhin genau beobachten, welche Finanzdienstleistungen im Spatial Computing gebraucht und genutzt werden. Zudem stellt sich die Frage, welche neuen Finanzprodukte entwickelt werden können, die sich aus den neuen Möglichkeiten ergeben.
Trends in der Finanzbranche: What's next? Quantum Computing!
Angesichts der Omnipräsenz von KI stand auf der CES eine zentrale Frage im Raum: Was kommt als Nächstes? Die Antwort darauf war im Bühnenprogramm ebenso wie in Gesprächen mit Innovatorinnen und Innovatoren klar und einheitlich: Quantum Computing. (Noch keine Ahnung von Quantum Computing? Dann ändert das hier!)
Quantum Computing basiert auf den Prinzipien der Quantenmechanik und nutzt sogenannte Qubits, die gleichzeitig mehrere Zustände einnehmen können. Diese Eigenschaft ermöglicht eine enorme Rechenleistung, die weit über die Kapazitäten klassischer Computer hinausgeht.
Für die Finanzbranche eröffnen sich durch Quantum Computing neue Horizonte:
- Verbesserte Simulationen: Mit hochkomplexen Modelle können Risiken präziser berechnet werden. Relevant für Versicherungen und Banken gleichermaßen.
- Cybersicherheit und Verschlüsselung: Für Banken wird das Thema Verschlüsselung besonders relevant. Quantum Computing – kombiniert mit KI – hat das Potenzial, bestehende Verschlüsselungsmethoden zu knacken – ein Risiko für die Cybersicherheit. Die Antwort darauf könnte in der Entwicklung von leistungsfähigeren Quantencomputern und besser trainierten KI-Modellen liegen, die speziell für Banken und Sicherheitsanwendungen optimiert sind.
Noch steckt Quantum Computing in der Entwicklungsphase, und Geduld ist gefragt. Doch die Frage lautet nicht mehr, ob, sondern wann Quantum Computing zum Durchbruch kommt. Die Suche nach konkreten Anwendungsfällen hat bereits begonnen – eine Entwicklung, die an die frühen Tage der Blockchain-Technologie erinnert.
Fazit: Technologie mit Sinn und Verstand einsetzen
Die CES 2025 hat eindrucksvoll verdeutlicht, dass Technologien wie KI, Embedded Finance und Quantum Computing unsere Welt verändern können und auch werden. Dabei bleibt wichtig, Innovationen mit Bedacht und strategischem Fokus einzusetzen. Für die Finanzbranche bieten sich enorme Chancen, den technologischen Fortschritt gezielt zu nutzen und gleichzeitig den Blick für das Wesentliche zu bewahren: Kundenbedürfnisse effektiv und nachhaltig zu erfüllen. Die Zukunft ist vielversprechend – ich freue mich drauf!